1. Halt: Kiefer Yoga

06.04.2025
Was begeistert Dich? Und wie viel Mut brauchst Du, um es zu leben?

Als mir Julia Reindl, Logopädin und Begründerin der "Jaw-Yoga Academy", 2021 diese Frage stellte, fiel es mir erstaunlicherweise schwer, eine Antwort darauf zu geben. Es machte mich traurig. Ich war sogar erschrocken darüber. Gab es denn wirklich nichts, für das ich brannte?  Heute weiß ich: Die Antwort war bereits in mir verborgen. Irgendwo tief in mir spürte ich intuitiv, dass da etwas war. Mein Verstand konnte es jedoch nicht greifen und aussprechen. Es fehlte der Mut.

Die Ausbildung zum Kiefer-Yoga-Instructor legte den Grundstein für meine körperliche, mentale und auch spirituelle Transformation. Und wie versprochen, möchte ich Dir erklären, warum diese Ausbildung ein elementarer Zwischenstopp auf dem Weg zu meiner Gesundheit und speziell meinem erholsamen Schlaf war.

Mein damaliger Zahnarzt in Deutschland fragte mich: "Knirschen sie mit den Zähnen?" Ich schaute ihn verdutzt an und sagte: "Kann sein." Ich wollte wissen, woran er das erkenne. "Ihre Backenzähne zeigen Schleifspuren." Mein Kopf sagte mir: OK, GUT ZU WISSEN. Und so ließ ich es darauf bewenden. Auch als Logopädin wusste ich damals nicht, welche Folgen diese Angewohnheit in den kommenden Jahren für mich haben würde. Ich wusste erschreckend wenig über den Kiefer. 

Also biss ich weiterhin die Zähne zusammen, verbiss mich in mein Studium und verlor bei manchen Projekten sogar den Biss. Mein Verstand sagte zu vielen Dingen JA, bei denen ich intuitiv verspürte, dass mir ein NEIN wohler täte. Ich wusste nichts, über die mentalen Zusammenhänge, die sich in meinem Kiefer manifestierten. Die sich langsam anbahnenden dauerhaften Folgen verspürte ich erst in Österreich. Mein ganzer Körper schmerzte zunehmend. Ich hatte ständig Verspannungen im Schulter-Nacken-Bereich. Meine Gedanken waren auf Überleben programmiert. Sie zeigten sich überwiegend negativ und zogen dementsprechend auch nur Negatives an. Selbst mein Gesicht spiegelte dies wider. Mein Lachen war innerer Traurigkeit gewichen. Ich fühlte mich rasch überfordert, stets müde und ausgezehrt. Am schlimmsten war die Migräne, die meinen Kopf in regelmäßigen Abständen zerspringen ließ. Meine Schlafstörungen brachten mich an den Rand der Verzweiflung. Sie veränderten mich sowohl innerlich als auch äußerlich.

Gesundheit ist der Spiegel Deines Lebens. (C. Althoff)

Im Frühjahr 2021 schließlich konnte ich meine linke Gesichtshälfte nicht mehr spüren. Ich bekam Angst. Dieses Gefühl war furchtbar. Es war, als fehlte eine Hälfte von mir. Mir wurde zunehmend bewusst, dass ich meinen eigenen Stress mit den Zähnen "niederdrücke". In der Minute presste ich bis zu 10 Mal die Zähne fest aufeinander. Dies gab mir einen kurzen Moment der Erleichterung. Es war bereits wie eine Sucht. Ich brauchte es. Die enorme Energie, die ich mit jedem Mal Pressen durch meinen Schädel jagte, konnte nicht ganz unschuldig an meinem Zustand sein. 

Und so kam ich zu Julia Reindl. Eine wahrlich faszinierende und inspirierende Kollegin. Ihre Liebe zum Leben, die Begeisterung für Lernen und Entwicklung, ihre herzliche Ausstrahlung legten den Grundstein für meine eigene Reise. In unseren Coachings konfrontierte sie mich zum ersten Mal mit meinen eigenen Ängsten, Bedürfnissen und Emotionen. Mit diesen hatte ich mich vorher nie beschäftigt. Es erfordert Mut, sich selbst im Spiegel zu betrachten. 

Ich erinnerte mich an mein Lieblingsbuch "Die unendliche Geschichte" von Michael Ende. Er ließ seinen Helden Atreju durch "das magische Spiegeltor" gehen. In diesem sieht man "nicht sein Äußeres, sondern man sieht sein wahres Inneres, so wie es in Wirklichkeit beschaffen ist. Wer da durch will, der muss ... in sich selbst hineingehen."

Der Kaumuskel ist evolutionär gesehen ein Stressmuskel. Bei Gefahr schützt er mithilfe des Schädels unser empfindliches Gehirn und beißt die Zähne zusammen. Doch in welcher Gefahr befand ich mich denn? Ich war in einer entspannten Beziehung mit einem tollen Mann, war finanziell gut aufgestellt und hatte einen sicheren Job. Was also löste diesen tief verwurzelten Schutzmechanismus in mir aus? Ich beschäftigte mich mit den Fragen:

Was macht mir Stress?

Welche Situationen, Menschen oder Gedanken triggern mich?

Welche Emotionen kann ich spüren?

Was passiert dann in meinem Körper?

Kiefer Yoga war mein eigenes Spiegeltor. Zum ersten Mal sah ich mich selbst, mit meiner Vergangenheit, meinen Gewohnheiten und Komfortzonen. Ich verstand, dass ich nicht schuldig bin für Dinge, die ich mir selbst einst angetan hatte. Ich konnte und wusste es zu den jeweiligen Momenten nicht besser.

Mithilfe der gut durchdachten körper- und mentalbezogenen Übungen wandelten sich meine einstige Trauer, Angst und Wut in Dankbarkeit. Ich nahm meine Gefühle und Bedürfnisse als Teil von mir bewusster wahr. Zum ersten Mal hatte ich den Mut, den Geschichten meines Verstandes nicht mehr zu viel Gehör zu schenken und eher in mich hineinzuspüren. Von heute auf morgen presste ich nicht mehr mit den Zähnen, legte meine Zunge an den Gaumen und gab meinem Nervensystem neue Impulse der Sicherheit. Innerhalb weniger Wochen nahm mein Körper dieses Angebot dankend an und gab mir Stück für Stück etwas zurück. Meine Verspannungen wurden weniger und der Kopf fühlte sich freier an. Es war genauso, wie Julia es mir prophezeit hatte. In dem Moment, wo ich meinen Kiefer locker ließ, erwachte mein Drang zur Entwicklung und zum Lernen aus dem Dornröschenschlaf. Mein Herz öffnete sich für ein befreiendes Lächeln, welches von nun an in mein Gesicht zurückkehrte. Es ist bis heute nicht mehr verschwunden.

Die wachen Nächte allerdings begleiteten mich weiterhin. Mein Schlaf war noch nicht zurückgekehrt. Es gab also noch mehr für mich zu tun. 

Wo jedoch lag das nächste Puzzlestück zu meiner Gesundheit?


Der nächste Stopp sollte spirituell werden. Ich lernte die Kriegerin, die Königin, die Jägerin und die Weise in mir kennen. 

Es wird mich freuen, wenn wir uns an meinem nächsten Stopp wieder begegnen. Die Anschrift lautet "Weg des Bogens" und beschreibt meine Ausbildung als Trainerin für therapiegestütztes meditatives Bogenschießen (TMB).